Landtagswahl 2024: Daniela Gruber und Lutz Liebscher, unsere Kandidierenden für Jena im Interview
Welche Themen werden die Landtagswahl entscheidend beeinflussen?
Liebscher: Ein wichtiges Thema für uns sind die Renten. Sie müssen zum Leben reichen, aber in Thüringen haben wir mit die niedrigsten Renten in Deutschland. Deshalb wollen wir Grundrentnerinnen und Grundrentnern mit einer jährlichen Einmalzahlung von 500 Euro unterstützen. Das Konzept ist solide und kann aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Pflege von Angehörigen. Wir möchten pflegende Angehörige in einer Landesgesellschaft anstellen und ihnen ein Gehalt auf Mindestlohnbasis zahlen. Zudem setzen wir uns als SPD für kostenfreie warme Mittagessen in Kindergärten und Schulen ein.
Welche politischen Prioritäten möchtest du für die Stadt Jena im Landtag verfolgen?
Liebscher: Bezahlbares Wohnen ist nach wie vor die dringlichste Frage in Jena. Wir sorgen dafür, dass die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze für Jena erhalten bleiben. Gleichzeitig müssen wir den Neubau in Jena durch sozialen Wohnungsbau fördern.
Gibt es zu wenig Mittel für sozialen Wohnungsbau vom Land?
Liebscher: Vor zwei Jahren habe ich eine Initiative gestartet, um das Wohnungsbauvermögen um 15 Millionen Euro aufzustocken. Aber es stimmt: Angesichts dessen, was wir als Land vorhaben und fördern wollen, ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Was sind eurer Meinung nach die Probleme, die in Jena gelöst werden müssen?
Gruber: Das Thema Wohnen und Miete ist eng verknüpft mit der Frage, wie erschwinglich die Stadt für alle bleibt.
Liebscher: Ein weiteres wichtiges Thema ist die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs in Jena. Auch die Anbindung Jenas an den Fern- und Regionalverkehr muss erhalten bleiben, was besonders für Pendlerinnen und Pendler wichtig ist. Der IC auf der Saalbahn sollte mit dem Nahverkehrsticket nutzbar sein, dafür werde ich mich einsetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erhaltung und Förderung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Jena. Wir müssen eine auskömmliche und solide Finanzierung unserer Hochschulen und des Universitätsklinikums sicherstellen. Das bedeutet, die jährliche Finanzierung um 4 Prozent zu steigern und diese Erhöhung fortzuschreiben.
Gruber: In der jährlichen Grundfinanzierung sind auch die Pensionszahlungen enthalten, was ein großes Problem darstellt. Wir steuern auf eine Situation zu, in der wir an den Hochschulen fast genauso viele Pensionierte wie aktive Mitarbeiter haben werden. Ein weiteres großes Problem ist der massive Arbeitskräftemangel. Bis 2035 werden in Thüringen etwa 250.000 Arbeitskräfte fehlen. Dies lässt sich nur durch Zuwanderung auffangen. Wir müssen weltoffen bleiben und erkennen, dass unser Wohlstand davon abhängt, dass wir Menschen finden, die hier arbeiten möchten.
Wie kann man aus dem Landtag dabei helfen?
Gruber: Man kann dafür sorgen, dass sich die Leute willkommen fühlen. Ein Beispiel ist die effiziente Bearbeitung von Arbeitserlaubnissen und Aufenthaltsberechtigungen in den Ausländerbehörden. Auch die Stärkung der Hochschulen, die Anziehungspunkte für Fachkräfte sind, ist wichtig. Der allgemeine Arbeitskräftemangel betrifft auch Lehrerinnen und Lehrer. In Jena haben wir ein erfolgreiches Modellprojekt, die kommunale Schule, bei der die Personalgewinnung und -zuordnung beim Schulträger und nicht beim Schulamt liegt. Dies hat für mehr Lehrer und weniger Unterrichtsausfall gesorgt. Das Konzept der „selbstverantworteten Schule” ist ein innovativer Weg der Zusammenarbeit zwischen Land, Kommune und Schule und sollte weiter verfolgt werden.
Sind die Menschen unzufrieden mit der aktuellen Landesregierung in Thüringen?
Liebscher: Man muss das differenziert betrachten. Im Bereich Migration hat sich die Lage in Thüringen entspannt, seitdem Innenminister Georg Maier das Ressort übernommen hat, wie beispielsweise die Schließung der Halle in Hermsdorf zeigt. Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee und Finanzministerin Heike Taubert sind in Jena ebenfalls gut angesehen. Wer eine Landesregierung möchte, die mehr soziale Politik macht und die Interessen Jenas vertritt, sollte die SPD wählen.
Gruber: Einige Wahrnehmungsprobleme hätten sich gelöst, wenn das Versprechen der Neuwahlen nach dem Debakel der Ministerpräsidentenwahl 2020 eingehalten worden wäre. Es ist wichtig zu betonen, dass die SPD die einzige Partei war, die ernsthaft und mit Nachdruck darauf gedrängt hat.
Kann es nach dem 1. September zu einer Regierungsbeteiligung der AfD kommen?
Gruber: Ich kann nicht in die Zukunft schauen. Aber ich weiß, dass diejenigen, die eine demokratische Regierung wollen, auch demokratisch wählen sollten. Wofür die SPD steht, ist klar: Wir sind seit 1863 eine stabile Kraft.
Liebscher: Wählerinnen und Wähler, die konservativ wählen möchten, müssen sich fragen, ob sie sich auf die CDU im Land in Sachen Brandmauer verlassen können. Ich kann diese Frage nicht beantworten, aber auf uns können sich die Wähler in dieser Hinsicht verlassen.
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